Gleiche Rechte für alle Kinder und Jugendlichen!

Presseerklärung zum Fachtag „Unbegleitete Minderjährige Geflüchtete in Schleswig-Holstein – Anspruch und Realität”

Auf dem Fachtag „Unbegleitete Minderjährige Geflüchtete in Schleswig-Holstein – Anspruch und Realität”, der am 4. Dezember in Kiel stattgefunden hat, kamen über 130 Fachkräfte aus Jugendhilfeeinrichtungen, Jugendämtern, weiteren Behörden, Jugendmigrationsfachdiensten, (ehrenamtliche) Vormund*innen und Interessierte zusammen. Eingeladen hatten die Landesbeauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen, die Diakonie Schleswig-Holstein, der Vormundschaftsverein lifeline e.V., der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e. V., die Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein und das Deutsche Rote Kreuz Schleswig-Holstein.

In ihrer Begrüßung stellte Doris Kratz-Hinrichsen, die Landesbeauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen SH, gleich zu Beginn der Veranstaltung klar: „Das Primat der Jugendhilfe gilt! Kinderrechte sind nicht relativierbar!” Insbesondere die vulnerable Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten sei auf den umfangreichen Leistungskatalog des SGB VIII angewiesen und zwingend im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe unterzubringen. Trotzdem seien derzeit Einschränkungen relevanter Rechte zu beobachten. Das gemeinsame Ziel solle es sein, die Unterstützung zu verstetigen und finanziell langfristig zu sichern, so Kratz-Hinrichsen.

Nach einem Grußwort von Thorsten Wilke, dem Leiter des Landesjugendamts, wurden in Fachvorträgen rechtliche Rahmenbedingungen und Neuerungen des Kinder- und Jugendhilferechts, des Vormundschaftsrechts, des Asyl- und Aufenthaltsrechts sowie die Standards der Unterbringung vorgestellt. Im weiteren Verlauf wurde sich zu guten Praxisbeispielen einer angemessenen Unterbringung, Versorgung und der asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahrensbegleitung junger Geflüchteter wie auch der Begleitung von ehrenamtlichen Vormund*innen ausgetauscht und die aktuellen Handlungsbedarfe hinsichtlich der Gewährleistung des Kindeswohls der 1.295 unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten in Schleswig-Holstein (Stand 29. November 2024) in einer Gesprächsrunde diskutiert.

Deutlich spürbar waren der hohe Bedarf an (fachlichem) Austausch wie auch die enorme Belastung der Fachkräfte in ihrer alltäglichen Arbeit mit den unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten. Die Belastung entsteht unter anderem durch die aktuellen Veränderungen in der Verwaltungspraxis bezüglich des Familiennachzugs zu subsidiär schutzberechtigten Kindern und Jugendlichen.

Zum Hintergrund: In der Kinderrechtskonvention sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention, aber auch im Grundgesetz spielen das Recht auf Familieneinheit, das Verbot der Familientrennung, der besondere Schutz der Familie und insbesondere die herausragende Bedeutung der Familie für das Kindeswohl eine große Rolle. Dies gilt für alle Kinder und Jugendlichen. Der Familiennachzug ist nach deutschem Recht bei subsidiär schutzberechtigten Kindern und Jugendlichen jedoch nur bis zu deren 18. Geburtstag möglich. Lange Verfahren stellen hier in der Praxis ein großes Hindernis dar. Durch die jüngst geänderte Verfahrensweise des Auswärtigen Amtes, nach der keine Sondertermine bei nahender Volljährigkeit der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten für den Familiennachzug vergeben werden, kommt es zu einer systematischen Ungleichbehandlung. Kinder und Jugendliche verlieren so wesentliche Menschenrechte. Die Veranstaltenden des Fachtags fordern dazu auf, sich solidarisch für das Recht der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten auf Familie einzusetzen.