Gewalt und drohender Kältetod in Europa?!

Breites Bündnis fordert umgehende Aufnahme der in Bosnien gestrandeten Schutzsuchenden

Gemeinsame Presseerklärung

Kiel/Frankfurt/M., 20.01.2021

In Unterstützung des Aufrufs vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und anderer Akteure appelliert auch lifeline e.V. an Ministerpräsident Günther

Auf Initiative der Balkanbrücke, Seebrücke, PRO ASYL und Landesflüchtlingsräten fordert ein Bündnis aus rund 140  zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen, darunter lifeline e.V., die sofortige Evakuierung und Aufnahme der in Bosnien/Herzegowina Schutzsuchenden in Deutschland. Die Bundesregierung darf der humanitären Krise vor den Toren der EU nicht länger tatenlos zusehen.

Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und andere in der Flüchtlingshilfe im Bundesland Engagierte hatten sich schon zum Jahreswechsel mit einem dringenden Appel zur Aufnahme der obdachlos gewordenen Geflüchteten aus dem bosnischen Lager Lipa an Ministerpräsident Daniel Günther und Innenministerin Sabine Sütterlin Waack gewandt. „Eine Antwort der Landesregierung steht bis dato noch aus”, stellt Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, mit Bedauern fest.

Denn noch immer harren ca. 3.000 Menschen auf der Flucht ungeschützt vor dem bosnischen Winter ohne winterfeste Unterbringung aus. Ihnen droht der Kältetod. Die EU hat sich bislang mit Geld für die »Hilfe vor Ort« aus der Verantwortung für die Geflüchteten freizukaufen versucht. Aber in Bosnien wird es keine menschenwürdige Lösung für die Schutzsuchenden geben. Es müssen jetzt schnelle und unbürokratische Evakuierungs- und Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Die meisten der in Bosnien-Herzegowina gestrandeten Schutzsuchenden befanden sich bereits in der EU, sie wurden allerdings von kroatischen Grenzpolizist*innen nach Bosnien zurückgeprügelt. Seit Jahren sind an der bosnisch-kroatischen Grenze Push-Backs, die mit äußerster Brutalität durchgeführt werden und gegen internationales und europäisches Recht verstoßen, an der Tagesordnung.

Die Push-Backs geschehen mit Billigung und Unterstützung der EU und der Bundesregierung. Ungeachtet der gut dokumentierten, systematischen Menschenrechtsverletzungen wird Kroatien für den Grenzschutz allein seit Dezember 2018 mit über 18 Mio. Euro von der EU unterstützt. Vom deutschen Bundesinnenministerium erhielt die kroatische Grenzpolizei 2020 zusätzlich Wärmebildkameras und Fahrzeuge.

Statt aber die Gewalt zu unterstützen muss die Bundesregierung entsprechend der Aufnahmebereitschaft in Deutschland handeln: Über 220 Kommunen und mehrere Bundesländer, in Schleswig-Holstein 18 Kommunen und Gemeinden, haben in den vergangenen Monaten die Aufnahme von Schutzsuchenden zugesagt. Allein in den schleswig-holsteinischen Landesunterkünften sind aktuell über 700 freie Plätze vorhanden.

Auch die Zivilgesellschaft unterstützt diese Bereitschaft – Balkanbrücke und Seebrücke rufen am 30. Januar unter dem Motto »Aufnahme statt Abschottung« bundesweit zu corona-konformen Protesten auf.

Das Bündnis fordert:

● Stopp der gewaltsamen illegalen Push-Backs an den europäischen Außengrenzen. Das Recht aller Menschen auf Zugang zu einem fairen Asylverfahren in der EU muss endlich eingehalten werden.

● Stopp der bundesdeutschen Unterstützung für die kroatische Grenzpolizei!

● Die Bundesregierung muss sofort handeln. Die Schutzsuchenden in Bosnien-Herzegowina müssen evakuiert werden. In Deutschland stehen Länder und Kommunen zur Aufnahme bereit.

#WirhabenPlatz

Zum Aufruf und der Liste aller mitzeichnenden Organisationen geht es hier (PDF im Anhang). Unterzeichnet haben unter anderem Paritätischer Gesamtverband, medico international, terre des hommes, pax christi, der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und die anderen Landesflüchtlingsräte, Border Violence Monitoring Network, No Name Kitchen, Diakonie Hessen, Baden, Rheinland und Diakonische Werke in verschiedenen Bundesländern.

Pressekontakte

·         Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., T. 0431-735 000, public@frsh.de

·         PRO ASYL per Telefon und Mail unter: 069 / 24 23 14 30 und presse@proasyl.de

·         Balkanbrücke per Telefon und Mail unter: 01753612615 und Mail: info@balkanbrücke.org

·         Seebrücke per Telefon und Mail unter: Henri Dubois, 015788992368, henri@seebruecke.org