Das Bundesinnenministerium (BMI) und das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein lehnen die Forderung nach Aufnahme von 3.000 – 4.000 unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten aus Griechenland vor dem Winter ab.
Wir, lifeline e.V., fordern, dass diese besonders schutzbedürftige Personengruppe sofort und ohne politische Ränkespiele hierzulande aufgenommen wird! Wir fordern Bundes- und Landesregierungen auf, das machtpolitische Kalkül einzustellen! Zivilgesellschaft, solidarische Flüchtlingshilfsorganisationen und Jugendhilfe stehen in Deutschland bereit, unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten die Hilfe und Unterstützung zu bieten, die sie benötigen!
Es ist zynisch, dass hierzulande Jugendhilfeeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Geflüchtete geschlossen werden. Währenddessen vegetiert diese Personengruppe in Griechenland wegen Überfüllung der dortigen Einrichtungen in prekären Verhältnissen vor sich hin. Der Bericht des Bundesfachverbandes unbegleitete minderjährige Geflüchtete (BumF)1 beschreibt mit drastischen Worten, welchen Gefahren Minderjährige in den Flüchtlingslagern ausgesetzt sind. Kinder und Jugendliche können nicht angemessen versorgt werden und werden teilweise zum Schutz inhaftiert. Die Überforderung der griechischen Behörden und der Regierung ist offensichtlich und wird auch immer wieder deutlich geäußert.
Dennoch werden Landesinnenminister von Schleswig-Holstein Grote (CDU) und Bundesinnenminister Seehofer (CSU) nicht müde, auf eine europäische Lösung zu verweisen. Herr Grote steht dem Anliegen, „Flüchtlinge aus einem EU-Staat in Deutschland aufzunehmen, kritisch gegenüber“ erklärt er in einem vorweihnachtlichen Schreiben an den Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, denn: „Hier sind europaweite Vereinbarungen angezeigt.“2
Es mag politisch sinnvoll sein, an einer gemeinsamen Regelung zu arbeiten, bei der sich keiner der übrigen Mitgliedsstaaten aus der Verantwortung stehlen kann. Allerdings benötigt der moralische Kompass eine dringende Neukalibrierung, wenn dies zu Lasten der Schwächsten geht. Europaweite Lösungen erfordern Zeit, Zeit, die die Kinder und Jugendlichen in den Lagern nicht haben. Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit wäre eine solche Aufnahme ein Akt der Humanität Akt gewesen und gleichzeitig ein Zeichen, dass das „C“ in der Parteibezeichnung von CDU/CSU noch Relevanz besitzt.
Die zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sind den Politiker*innen dabei um einiges voraus: Nach wie vor stehen Menschen bereit, sich ehrenamtlich für die Geflüchteten einzusetzen. Und allein in Schleswig-Holstein erklärten sich 13 Gemeinden und Städte zu „Sicheren Häfen“. Sie signalisierten damit ihre Bereitschaft, zusätzlich Geflüchtete aufnehmen zu wollen. Die Kapazitäten sind vorhanden. Ein offener Brief verschiedenster Träger der Jugendhilfe, sowie Unterschriftensammlungen zur Übernahme der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten verliefen dennoch ungehört ins Leere.
gez.: Konrad Paul, im Namen des lifeline-Vorstandes und des -Teams.
lifeline@frsh.de
0431/2405828
1 Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Geflüchtete e.V.(Hrsg.): „Unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Griechenland“, 2019.
2 https://www.frsh.de/artikel/unbegleitete-fluechtlingskinder-aus-griechenland-aufnehmen/ (letzter Zugriff 08.01.20)